Als die Glocken läuteten, fiel das Symbol des Bergbaus

2023-02-28 14:33:09 By : Mr. Jimmy-Vicky Zheng

Vor genau 50 Jahren, am 25. November 1972, wurde der Förderturm des Peißenberger Bergwerks gesprengt. Damit verschwand etwas mehr als eineinhalb Jahre nach dem Ende des Bergbaus in Peißenberg auch dessen Symbol. Inzwischen erinnert ein Modell des Förderturms an diese Zeit.

Peißenberg – Nur wenige Zuschauer waren damals dabei, als am 25. November 1972, einem Samstag, gegen 12 Uhr der 56 Meter hohe Förderturm in Richtung St. Georg zu Boden krachte. Der Zeitpunkt der Sprengung war vorher nicht bekannt gegeben worden. Die gezielte Sprengung der Stützen bereitete dem Stahlkoloss das Ende. Die Presse berichtete damals: „Als letztes Symbol des Bergwerks wurde am Samstag der Förderturm in Peißenberg gesprengt. In das 12-Uhr-Läuten der Pfarrkirche St. Barbara hinein klangen die ersten Warnsignale. Minuten später erschütterte eine Detonation Peißenberg und der Förderturm des Kohlenbergwerks, das Wahrzeichen des Bergwerkortes, stürzte in sich zusammen.“

An den folgenden Tagen zerlegten die Arbeiter der Abbruchfirma „Westschrott“ mit ihren Schneidbrennern das 502 Tonnen schwere Stahlgerüst. Die Schrottteile wurden mit der Eisenbahn abtransportiert und kamen in die Hochöfen, um daraus neuen Stahl zu gewinnen.

Dieses Fördergerüst – umgangssprachlich als Förderturm bezeichnet – stand nur 18 Jahre, sein Vorgänger brachte es auf fast 40 Jahre. Im Jahr 1954 war diese massive und stabile Stahlkonstruktion über den alten Förderturm gebaut worden, da dieser für die kommenden schweren Belastungen des immer tiefer vordringenden Bergbaus zu schwach war. Das Bauvorhaben wurde während des laufenden Betriebs von der Firma „Dortmunder Union“ umgesetzt. Der neue Förderturm wurde am 27./28. März 1954 in Betrieb genommen. Einen Tag später konnte die Frühschicht schon einfahren.

Mit der Schließung der Kohlegrube Peißenberg am 31. März 1971 brauchte man auch keinen Förderturm mehr. Der Ziegelmeierschacht mit einer Tiefe von 1050 Metern wurde bald nach Schließung der Grube verfüllt. Vom 30. Mai 1971 bis 28. Juli 1971 wurden 43 899 Kubikmeter Material in den Schacht gekippt. Jene Gebäude und Teile, welche nicht zu verwenden waren, wurden abgebrochen.

Der Förderturm stand – seiner Aufgabe beraubt – nutzlos herum. Zu den Gebäuden und technischen Einrichtungen, die abgerissen wurden, gehörten Kalkaufbereitung, Kohlenlagerhalle 1, Klärtrichter, Brikettfabrik, Kohlenwäsche, Sortierung, Bekohlungsanlage (Bandbrücken), Schachthaus (115 Meter lang, 24 Meter hoch, Baujahr 1955/56), der besagte Förderturm aus dem Jahre 1954 und die Bahnbrücke über die damalige Bundesstraße 472 im Ort (zwischen Tankstelle Vogl und der Bücherei, dort sind noch die großen Betonfundamente der ehemaligen Brücke zu erkennen).

Einige tausend Tonnen Stahlschrott fielen bei den Abbrucharbeiten an. In den Unterlagen von damals ist zu lesen, die Firma Westschrott habe am 8. Februar 1972 mit den Abbrucharbeiten der Gebäude und technischen Einrichtungen begonnen und diese zum Jahresende 1972 beendet. In Peißenberg ist nur noch ein Teilstück einer der großen Seilscheiben zu finden. Es steht am Parkplatz an der Tiefstollenhalle und zeigt, wie groß und wuchtig diese Stahlräder waren. Das starke Förderseil, das über diese Seilscheibe lief und den Förderkorb 1000 Meter tief in den Schacht brachte, hatte ein Gewicht von 20 Tonnen.

Aus heutiger Sicht mag die Sprengung des Förderturms ein Fehler gewesen sein, doch zu jener Zeit dachte man nicht an den Erhalt dieses Peißenberger „Wahrzeichens“. Damals hatte ein großer Teil der Bevölkerung auch mit dem Bergbau abgeschlossen. Viele Peißenberger können sich heute nur noch schwer vorstellen, dass dort, wo heute Supermärkte und Geschäfte stehen, vor gut 50 Jahren einmal ein Bergbaubetrieb war, welcher allein in der Marktgemeinde 2000 Mann beschäftigte.

Inzwischen hat Peißenberg wieder einen Förderturm: Auf dem ehemaligen Schachtgelände erinnert das Modell eines Förderturmes an die Bergbauzeit in der Marktgemeinde. Das Modell, das der ehemalige Bergmann Franz Merkl gebaut hat, wurde am 31. März 2021 eingeweiht – 50 Jahre nachdem dort die letzte Schicht gefahren worden war.